Gibt es Dauerflaute auf den Schweizer Seen, wie wiederholt postuliert wird?
Meiner Meinung nach gibt es keine Dauerflaute von monatelanger Dauer. Wochenlang circa zwei Mal im Jahr. Wann sind diese? Die gibt es Ende Winter und im Herbst im Übergang zum Winter.
Es ist diese kurze Zeit der endlosen, klaren und sehr schönen Sonnentage. Fast kein Lüftchen weht. Die Sicht ist monumental. Genusswetter auf dem See. Ideal um die Seele baumeln zu lassen, kein Stress – alles ruhig. Auf dem See fast kein Verkehr. Viel Raum und Zeit.
Ein Jahr hat glücklicherweise 52 Wochen. Davon sind ca. zwei mal drei Wochen Flaute. Es bleiben 46 Wochen übrig. Nun wäre da noch der Winter. Im Mittelland ist es meist nur im Januar oder Februar richtig kalt. Die Wassertemperatur des Zürichsees ist meist bis im Dezember noch über 10 Grad. Die vorherrschenden Windlagen und daher Wetterlagen im Mitteland sind die Westwindlage und die Bise. Beides über die Jahre hinweg gesehen sehr häufige Gäste. Westwindlage heisst oft bewölkt und regnerisch, aber viel Wind. Eigentlich ideal, solange keine Frontengewitter eingebettet sind. Und Frontengewitter sind nur von kurzer Dauer.
So viel zu den Fakten. Leider sind viele Segler der Meinung: es hat nie, aber wirklich nie Wind auf den Schweizer Seen.
Heute arbeiten vermutlich 2/3 aller Arbeitenden in geschlossenen Räumen. Das Fenster ist klein. Der Arbeitsraum ist grau. Zeit, um aus dem Fenster zu schauen, hat man kaum. Wer träumt da nicht von karibischem Sonnenschein und viel Wind in der Freizeit.
Die Folge: Die SeglerInnen gehen nur bei makellosem Himmel und hohen Temperaturen auf den See. Die Enttäuschung ist vorprogrammiert. Sehr heiss bedeutet im Mitteland meist wenig bis keinen Wind.
In der heutigen Zeit, wo die knappe Freizeit meist weit im Voraus verplant ist, kann das Wetter kaum je passend sein. Und wer weit im Voraus nach den Wetternachrichten plant, wird nur enttäuscht. Die hundertprozentige Wettervoraussage ist grosses Wunschdenken. Erst im Nachhinein kann das Wetter genau erklärt werden.
Was mache ich nun als Segellehrer? Es wird bei jedem Wetter gesegelt, auch bei Regen – ausser die Witterung sei gefährlich. Gefährliche Witterung (Blitzschlag, stürmischer Wind) ist meist aber nur von kurzer Dauer. Und richtig lang andauernde Stürme gibt es meist nur um die Weihnachtszeit (Lothar und Co.) So verpasst man keinen Wind, kommt zum nötigen Training und erlebt zudem noch abwechslungsreiche Stimmungen auf dem See.